Die öffentliche Hand vergreift sich am Privateigentum

Mit dem „Parkierungskonzept MIV“ überschreitet die Stadt Bern empfindliche Grenzen des Akzeptablen. Grundrechte sollen mittels behördenverbindlicher Weisungen beschnitten werden, gemäss Konzept: „soweit rechtlich möglich“.

Mit einem ihrer neusten „Würfe“ legt die Stadt Bern eine aggressive verkehrspolitische Haltung an den Tag, welche ein Miteinander aller Verkehrsträger verneint und schert sich zudem nicht um die regionalen Interessen. Zahlreiche der neunzehn im Konzept vorgeschlagenen Massnahmen verletzen überdies geltendes Recht, namentlich die Besitzstandsgarantie, das Rechtsgleichheitsgebot, sowie eidgenössisches Mietrecht, und torpedieren wertvolle, mühsam erreichte Kompromisse.

Das oberste Ziel des Parkierungskonzepts MIV liegt in der generellen Reduktion des motorisierten Individualverkehrs. Dieses Ziel wird von der Behörde erstaunlicherweise als höhergewichtigeres öffentliches Interesse eingestuft, als der Schutz des Privateigentums! So soll mit der Massnahme 7 „das Vermieten von (Bewohner-)Parkplätzen an Dritte (z.B. kurzzeitig via App oder längerfristig an Zupendelnde) … – soweit rechtlich möglich – eingeschränkt“ werden. Bei neuen Baubewilligungen und bei Anpassungen der baurechtlichen Grundordnung soll die Vermietung von Parkplätzen an Dritte (ausgenommen Car-Sharing) „soweit rechtlich möglich“ gar ganz verboten werden.

Noch weiter geht die Stadt mit der geplanten Massnahme 10: 86’000 Parkplätze auf privatem Grund (von insgesamt rund 100’000 Parkplätzen in der Stadt Bern) sollen “ – soweit rechtlich möglich – in die Parkplatzbewirtschaftung einbezogen werden“. Damit will sich die Stadt widerrechtlich an privatem Eigentum bedienen.

Um die Notwendigkeit der Massnahmen zu begründen, wird im Konzept auch nicht davor zurückgeschreckt, tendenziöse oder unvollständige Tatsachenaussagen zu bemühen. So wird beispielsweise festgestellt, dass in der Stadt Bern eine „Zunahme der autofreien Haushalte um rund 13 Prozentpunkte in zehn Jahren“ zu verzeichnen ist. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass autofreie Haushalte nicht autofreie Personen/Familien bedeuten. Wie viele Haushalte Fahrzeuge der Arbeitgeber, Car-Sharing-Angebote, Mietwagen oder sonstige Leihfahrzeuge nutzen, wird nicht erörtert. Dass die restriktiven Verkehrsregeln in der Stadt Bern zu einer Zunahme dieser Ausweichlösungen führen, liegt dabei auf der Hand.

Die gemäss dem vorliegenden Parkierungskonzept zu erstellende Parkplatzplanung der Stadt Bern ist nicht nachhaltig (nachhaltig heisst, dass gesellschaftliche, wirtschaftliche und umweltmässige Anforderungen erfüllt werden), da sie kaum Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nimmt und einräumt, dass Behörden, die das Konzept anwenden, Recht verletzen.

Die brisanten Eingriffsversuche in Grundrechte müssen zu harscher Kritik aus allen Bevölkerungsschichten führen. Und wieder ist zu erwarten, dass die Stadt – wie üblich in Vernehmlassungs- und Mitwirkungsverfahren–, entsprechende Eingaben ignorieren wird.

Es ist zu befürchten, dass hinter dem Vorgehen System liegt: Mit der Form von behördenverbindlichen Konzepten versucht die Stadt offenbar, sich vom Volkswillen unabhängig zu machen. Es liegt nun vorderhand an den politischen Gremien, solchem Gebaren Einhalt zu gebieten und die Verwaltung zu verpflichten, sich der Entscheidungskompetenz der Bürger zu stellen. Ansonsten wird man an die Gerichte gelangen müssen, um diese für Vernunft sorgen zulassen.