Im Kanton Bern wird am 10. Februar 2019 über eine Revision des Energiegesetzes abgestimmt, das seit 2012 in Kraft ist und schweizweit als eines der strengsten gilt. Statt neue Anreize zum Energiesparen zu schaffen, beschränkt sich die Revision auf starre Vorschriften und Verbote. Diese verursachen hohe Kosten und sind teilweise kontraproduktiv, wie die Vertreter des Nein-Komitees betonen. Sie sehen die vielen freiwilligen Bemühungen in Gefahr, die in den vergangenen Jahren zur erfreulichen Entwicklung im Gebäudebereich beigetragen haben.Knapp 20‘000 Unterschriften konnten gegen die Revision des kantonalen Energiegesetzes gesammelt werden. Diese grosse Zahl macht deutlich, wie viele Bernerinnen und Berner im Endeffekt von den neuen Regulierungen negativ betroffen wären. Deren Nutzen ist hingegen ungewiss, wie auch Adrian Haas, Grossrat und Direktor des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern, betont: «Viele Privatpersonen und Unternehmen setzen heute freiwillig auf energiesparende Massnahmen, was schliesslich auch aus wirtschaftlicher Sicht Sinn ergibt. Statt diese Bemühungen zu fördern und zusätzliche Anreize zu schaffen, beschränkt sich die Revision auf neue Vorschriften und Verbote, die in erster Linie Kosten generieren.»
Wohnen wird teurer
Sinnbildlich hierfür steht das faktische Verbot von Ölheizungen. Bei Neubauten spielen diese praktisch keine Rolle mehr, wie auch der kontinuierlich sinkende CO2-Ausstoss im Gebäudebereich belegt. Wer aber eine alte Öl- oder Gasheizung durch ein zeitgemässes Modell ersetzen möchte, muss künftig ein Bewilligungsverfahren durchlaufen. Das klingt umweltfreundlich, dürfte sich in der Praxis aber als kontraproduktiv erweisen.
«Die meisten Hausbesitzer überlegen sehr sorgfältig, wie sie ihr Gebäude möglichst effizient beheizen können. Die starren bürokratischen Vorschriften könnten dazu führen, dass alte Energiefresser so lange wie möglich repariert und weiterbetrieben werden, weil ein simpler Ersatz durch ein modernes Heizsystem zu zeitaufwändig und kostenintensiv ist», warnt Grossrätin und Bäuerin Annegret Hebeisen-Christen aus Münchenbuchsee. «Die Zeche bezahlen schliesslich alle Personen, die in den betroffenen Gebäuden wohnen und arbeiten.»
Überregulierung behindert effizienten Mitteleinsatz
Auch Christoph Erb, Direktor Berner KMU, erachtet die neuen Regulierungen als praxisfremd: «Das erklärte Ziel der Vorlage ist unbestritten, aber der gewählte Ansatz ist falsch.» Laut Erb ist sich das lokale Gewerbe durchaus bewusst, welches Sparpotenzial im Gebäudebereich schlummert. Die Mitglieder von Berner KMU seien aber fast einstimmig der Ansicht, dass neue bürokratische Hürden dessen Ausschöpfung und Förderung eher behindern. So wollen die Behörden bspw. den Ersatz von Elektroboilern und Schaufensterbeleuchtungen kontrollieren, obwohl diese Anpassungen in den allermeisten Fällen ohnehin in den nächsten Jahren erfolgen werden. Bei weit wichtigeren Fragen wie jener nach der Eigenstromerzeugungspflicht für Neubauten verweist das Gesetz hingegen auf die Verordnung. Damit käme ein Ja zum neuen Gesetz einem Blankocheck für die Verwaltung gleich und der Schaffung eines zusätzlichen Bürokratiemonsters.
Positives Signal aus Solothurn
Im Kanton Solothurn wurde eine mit der Berner Vorlage vergleichbare Revision im Juni 2018 mit rund 70% Nein-Stimmen abgelehnt. Dennoch sieht Peter Brand, Präsident des Hauseigentümerverbands des Kantons Bern, im laufenden Abstimmungskampf grossen Handlungsbedarf: «Trotz katastrophaler Kosten-Nutzen-Bilanz wird der Bevölkerung vorgegaukelt, das neue Gesetz leiste einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz. Wir müssen mit unserer Kampagne aufzeigen, weshalb der Umwelt mit etwas weniger Bürokratie im Endeffekt mehr geholfen wäre.»