Teilsistierung der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung

Seit geraumer Zeit haben sich Vertreter der Wirtschaftsverbände mit viel Engagement und Zeiteinsatz an diversen Projekten in der Stadt Bern mit Rat und Tat beteiligt. Im Rahmen einiger dieser Aktivitäten wurden Vereinbarungen unter den Projektbeteiligten getroffen, welche die Vertreter der Stadtverwaltung leider nach eigenem Gutdünken und meist kurzfristig negiert und teils auch gebrochen haben. Dies geschah oft ohne triftige Gründe der Behörde, was das Vertrauen der Wirtschaftsverbände empfindlich störte und den Glauben der Wirtschaftsverbände an ernstgemeinte Verhandlungen immer mehr zerrüttete.

Klimaschutz ist eine ernstzunehmende Angelegenheit, das ist unbestritten. Daher beteiligen sich die Wirtschaftsverbände seit mehr als 10 Jahren aktiv an der Klimaplattform der Wirtschaft. Mit dem Ziel, den CO2-Ausstoss von Unternehmen zu reduzieren, haben die Mitglieder der Klimaplattform der Wirtschaft bisher mehr als 600 Projekte umgesetzt und bis heute mehr als 120‘000 Tonnen CO2 eingespart. Die jüngste Aktion des Gemeinderates im Zusammenhang mit der Klimadebatte bringt dagegen kaum Aussicht auf substantielle Entlastung der Emissionssituation. Einmal mehr – und nun einmal zuviel – wird durch den Gemeinderat unter einem Vorwand gewerbe- und wirtschaftsfeindliche Politik  betrieben, welche die Rahmenbedingungen für KMU substantiell verschlechtert und damit eine nicht nachvollziehbare Verdrängung derselben aus der Stadt verfolgt.

Bei der Mitgliederversammlung 2019 war die Welt – zumindest vor der Kamera – noch in Ordnung.

Die Wirtschaftsverbände richten sich mit einem offenen Brief an den Gemeinderat und prangern an, dass dieser die Klimadebatte – wie viele zuvor aufgekommene Herausforderungen – nun missbraucht, um opportunistisches Stadtmarketing zu betreiben und andere Interessen zu verfolgen, Interessen, von denen nicht erklärt wird, woher diese kommen oder womit diese zu begründen wären.

Wenn die Stadt aus „Entwicklungsschwerpunkten Arbeit“ Wohnquartiere machen will und zentrale Verkehrswege schliesst, um lange Umfahrungen zu bewirken, ohne dabei an den Klimaschutz zu denken, dann wiederum Verkehrswege und Publikumsparkplätze reduziert, um Klimaschutz zu betreiben, Probleme der Stadt in die Aussengemeinden abzuschieben versucht, vereinbarte Projektgrundsätze ohne Not ignoriert und gemachte Zusicherungen nicht einhält, muss auch die leiseste Hoffnung auf einen ernstgemeinten, lösungsorientierten Diskurs begraben werden, was wir sehr bedauern.

Folgerichtig sistieren wir weite Bereiche der Zusammenarbeit mit der Stadt, enthalten uns laufenden Gesprächen in Projekt- und Mitwirkungsgruppen und ziehen uns aus den uns aussichtslos erscheinenden Vorhaben zurück, da sich nun leider erwiesen hat, dass wir bei zu vielen, in konstruktiver Absicht aufgenommmenen Aktivitäten mit Kooperations- und Kompromissbereitschaft sowie mit unseren namhaften Bemühungen keine Erfolge für die Wirtschaft erzielen können.

Fakten- und Fragenblatt (Quellen: Referat von Prof. Dr. Rudolf Minsch bei Berner KMU vom 22. Mai 2019, mit weiteren Verweisen, CO2-Statistik des Bundesamts für Umwelt, www.klimaplattform.ch)

  • Die Klimaplattform der Wirtschaft hat in über 600 Projekten zwischen 2008 und heute 120‘000 Tonnen CO2
  • Die Partnerunternehmen der Klimaplattform der Wirtschaft sparen jedes Jahr mindestens 2000 Tonnen CO2
  • Die Partnerunternehmen unterstützen die Ziele des Richtplans Energie der Stadt Bern, wobei die Mobilität bzw. der Energieverbrauch für den privaten und öffentlichen Verkehr nicht Gegenstand des kommunalen Richtplans Energie ist.
  • Mit seinem Papier „Position des Gemeinderats zur Klimadebatte in Bern“ und den darin bezeichneten Massnahmen sowie mit dem adhoc-Verfahren und seinem unvorhersehbaren Aktionismus schafft der Gemeinderat Rechtsunsicherheit für Investitionen durch private Personen und Investoren, was zur Abwanderung der Industrie führen wird.
  • Die Forderung auf eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 fusst auf Annahmen bezüglich deren Wirkung und ist ohne Bezeichnung der davon betroffenen Strassen nicht beurteilbar.
  • „Kein Verkehr“ ist nicht per se gut für das Klima – aber ganz sicher schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Bern. Die Option E-Mobilität wird in dieser pauschalisierten Aussage nicht berücksichtigt.
  • Themen wie „City-Logistik“ sind unausgegoren, undefiniert und vielleicht auch gar nicht oder zumindest nur teilweise umsetzbar.
  • Das Flugverbot für städtische Beamte ist super-die Frage ist bloss, ob und warum städtische Beamte überhaupt fliegen müssen.
  • Woher wird der gesamte elektrische Energiebedarf aus nachhaltiger Produktion kommen? Gibt es diesbezüglich Pläne, um die Versorgung sicherzustellen?
  • Wieso sind Verkürzungen der Verkehrsverbindungen anstelle von Umfahrungen kein Thema?
  • Die Stadtverwaltung weist einen sehr hohen Flächenbedarf pro Arbeitsplatz auf und damit auch einen sehr hohen Energieverbrauch ihrer Büroräume. Ist diesbezüglich eine Optimierung geplant?
  • Der motorisierte Verkehr hat in der Stadt Bern in den letzten Jahren stetig substantiell abgenommen. Sind Massnahmen wirklich zielführend, bzw. erfolgsversprechend?
  • Trotz dem Bevölkerungswachstum und bei beinahe einer Verdoppelung des BIP in der Schweiz zwischen 1990 und 2015, hat der CO2– Ausstoss in derselben Periode in der Schweiz im Verkehr nur um 4% zugenommen, bei den Gebäuden um 26% und der Industrie um 18% abgenommen.
  • Der Energieverbrauch in der Schweiz ist seit 1980 bis heute von 100 TJ auf nur 120 TJ gewachsen, das BIP jedoch hat sich gut verdoppelt.
  • Die CO2– Abgabe in der Schweiz beträgt derzeit 96 Franken pro Tonne und ist damit deutlich höher als in Europa mit 20 Euro pro Tonne.
  • Die CO2-Reduktionsziele des Bundes wurden bei -20% zwischen 2013-2020 und bei -50% zwischen 2021-2030 festgelegt. Aufgrund welcher neuen Erkenntnisse reichen diese Ziele plötzlich nicht mehr aus?
  • Der Anteil der Scweiz an den weltweiten Emissionen beträgt rund 0.1%. Wie gross ist der Anteil der Stadt Bern?

Vom Gemeinderat sollte mehr zu erwarten sein als eine vorbehaltlose Unterstützung von unbelegten Forderungen aus Freitagsdemonstartionen. Ähnliche Hysterien sind in der Geschichte der letzten Jahrzehnte immer wieder entstanden wie z.B. das Fischsterben in den 80er Jahren nach der Katastrophe bei Schweizerhall und dem Waldsterben in den 90er Jahren. Nicht der unbesonnene und aufgeregte Aktivist hat eine Lösung gebracht., sondern gemeinsam mit wirksamen Massnahmen wurden die Gewässer saniert. Der Rhein hat heute eine Artenvielfalt wie seit langem nicht mehr und der Wald wächst jedes Jahr in seiner Ausdehnung. Es ist enttäuschend, dass der Gemeinderat Massnahmen anordnen will, von denen die Wirksamkeit und die Verhältnismässigkeit deren Umsetzung nicht validiert wurde. Auch störend ist, dass der Gemeinderat seine Verwaltung ungebremst wachsen lässt – damit wird das Klima nicht gerettet, aber der Stadt geschadet und wir werden weiterhin an einem wirksamen, ganzheitlichen Umweltschutz arbeiten.