Als der Gewerbverband Berner KMU „Der Staat als Konkurrent: Fair ist anders!“ gestartet hat, wurde das Anliegen nach gleichlangen Spiessen häufig noch belächelt. Was konnte die Kampagne in den letzten drei Jahre bewirken? Berner KMU Präsident Toni Lenz mit einer Zwischenbilanz.
Toni Lenz, Berner KMU hat die Kampagne Ende Mai 2017 gestartet, warum haben Sie sich von Anfang an so stark engagiert?
In den letzten Jahren haben sich die Aktivitäten von Unternehmungen, welche im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand sind, schleichend auf immer mehr Bereiche ausgeweitet, welche durch private Anbieter abgedeckt sind. In vielen Fällen kam der Verdacht von Quersubventionierungen auf, welche marktverzerrend wirken und somit private Anbieter benachteiligen. Es war höchste Zeit, auf diese Missstände – im Kanton Bern aber auch national – aufmerksam zu machen und sowohl die Politik wie auch die Konsumenten und Konsumentinnen immer wieder darüber aufzuklären.
Was waren die Vorzeichen beim Kampagnenstart; Berner KMU wurde ja zu Beginn fast ein bisschen belächelt?
Der Leidensdruck war in vielen Branchen scheinbar noch zu wenig gross. Aus diesem Grund wurde die zunehmende Konkurrenzierung einzig von betroffenen Branchen wahrgenommen. Die Eigner – ob Bund, Kanton oder Gemeinde – unterstützten die Bemühungen „ihrer“ Betriebe und sahen nur die Mehreinnahmen. Dass dabei private Betriebe Aufträge und Margen verloren, wurde – ob bewusst oder unbewusst – übersehen.
Welches der „Fair ist anders“ Beispiele stört Sie persönlich am meisten?
Mich stören generell alle marktverzerrenden Beispiele. Sei es die Swisscom, welche unterdessen der grösste Kinobesitzer der Schweiz ist, sei es die Post, welche neben den Schaltershops auch Treibstoff und Autohandel betreibt, sei es die BKW, welche mit Hilfe der sogenannten Monopolrente laufend Betriebe im Haustechnik- und Ingenieurbereich übernimmt oder sei es die GVB, welche dank vieler Vorteile aus dem Monopol ihr privatrechtliches Versicherungsgeschäft laufend auszubauen versuchen.
Welche Bilanz ziehen Sie nach drei Jahren Kampagne?
Eine durchzogene Bilanz. Einerseits gelang es uns, diese Missstände bekanntzumachen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Andererseits zeigen sich die Eigner aber noch wenig einsichtig und verweisen auf Dividenden und Steuern dieser Betriebe.
Welches ist in Ihren Augen der grösste Erfolg der Kampagne?
Sicher auch dank unserer Kampagne konnten zunehmend Politikerinnen und Politiker ins Boot geholt werden. Viele, teilweise erfolgreiche Vorstösse im Berner Grossen Rat und im Eidgenössischen Parlament gegen diese Machenschaften wurden lanciert. Aus meiner Sicht wurden dank unserer Aufklärungsarbeit auch Konsumentinnen und Konsumenten sensibilisiert. Auftragsvergabe und Käufe werden heute oft mindestens hinterfragt.
Was sind die nächsten Kampagnenziele?
Nicht nachlassen und Politik und Öffentlichkeit weiter für diese Themen sensibilisieren. Weitere Kantonalverbände ins Boot holen und damit die Aufklärungsarbeit auf die ganze Schweiz ausdehnen.
Wenn Sie einen „Fair ist anders“-Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Ich wünsche mir – wo möglich – eine Aufweichung von Monopolstellungen und eine weitgehende Privatisierung von Staatsbetrieben.