Fokus Corona: Einfachere und schnellere Härtefallhilfe

Seit dem 18. Januar 2021 ist die Schweiz im 2. Lockdown und im Kanton Bern gilt die Verordnung für die angepasste Härtefallhilfe.  Seit Freitag, 22. Januar, können die Berner Unternehmen jetzt wieder Gesuche einreichen; in den ersten sechs Tagen haben dies 200 Firmen getan. Wirtschaftsdirektor Christoph Amman erklärt in unserem Interview, wie die angepasste Berner Härtefallhilfe konkret aussieht und welche Hilfsgelder die betroffenen Unternehmen erwarten können.

Christoph Ammann, Wirtschaftsdirektor Kanton Bern

Christoph Ammann, der Bundesrat hat am Mittwoch, 13. Januar, den 2. Lockdown bis Ende Februar 2021 bekannt gegeben. Der Kanton Bern trägt die Verschärfungen der Massnahmen mit, warum?

Ja, im Grundsatz tragen wir diese mit. Es geht nun vor allem darum, dass wir die neue Variante des Virus rasch in den Griff bekommen. Die Berner Regierung hat allerdings in ihren Medienmi€tteilungen immer wieder betont, dass die Ladenschliessungen in ihren Augen zu früh kommen. Wir haben im Kanton Bern tausende Unternehmen, die von den Schliessungsentscheiden des Bundesrates betroffen sind. Seit dem 1. Lockdown gibt es Branchen, die massive Einkommenseinbussen haben und deren Existenzen nicht mehr gesichert sind. Es war für die Berner Regierung deshalb immer klar, dass wir uns am Bundesprogramm für die Härtefallhilfen beteiligen.

Gleichzeitig mit den Verschärfungen hat der Bundesrat am 13. Januar 2021 auch die Härtefallmassnahmen angepasst; Kommen diese noch rechtzeitig?

Sie kommen spät, aber hoffentlich nicht zu spät. Die Berner Regierung konnte nicht vorher handeln oder reagieren, weil wir auf die Vorgaben des Bundes angewiesen sind. Dieser hat die Spielregeln Anfang Januar – mi€tten im Spiel – geändert. Das Berner Härtefallprogramm war zu diesem Zeitpunkt bereits am Laufen; wir mussten dieses deshalb aber stoppen und wieder neu aufsetzen.

Vor welche Herausforderungen haben diese Anpassungen ihre Direktion gestellt?

Das Mengengerüst hat sich entscheidend verändert, da neu alle Betriebe, die von den Schliessungen betroffen sind, automatisch als Härtefälle gelten. Das heisst für den Kanton Bern, dass wir anstelle von 2000 Unternehmen – wie ursprünglich angenommen, als wir das Programm gestartet haben – neu 6’000 bis 10’000 Unternehmen als Härtefälle behandeln. Wir müssen dementsprechend bei uns die Organisation personell verstärken, die IT neu aufsetzen und den neuen Kriterien anpassen sowie ein Auszahlungssystem einrichten, das möglichst digitalisiert und somit schnell und einfach ist.

Wie sieht die Berner Härtefallhilfe nun neu aus?

Es gibt neu drei Wege, welche das angepasste Härtefallprogramm umfasst. Der erste Weg ist die bereits bekannte Lösung, die der Bund schon im November aufgesetzt hat und betrifft alle Betriebe, die im 2020 einen Umsatzrückgang von mindestens 40 Prozent erlitten haben. Der zweite Weg ist offen für alle Unternehmen, die schliessen mussten und der dri€tte Weg ist die Schni€ttmenge aus beiden Lösungen: Unternehmen, die im letzten Jahr eine Umsatzeinbusse von mindestens 40 Prozent ha€tten und zusätzlich vom Bundesrat geschlossen wurden, haben neu die Möglichkeit, für Beides eine Entschädigung zu erhalten.

Was ändert sich nun dadurch konkret für die betroffenen Unternehmen im Kanton Bern, die dringend auf Hilfe warten?

Die Eintri!ttshürde für die betroffenen Unternehmen wird wesentlich gesenkt und es braucht weniger Nachweise, um Härtefallgelder zu erhalten. Zudem stellt der Kanton Bern seine Beitragsbemessung auf eine neue Grundlage, wir stützen uns nicht mehr in erster Linie auf den Umsatz, sondern auf die Fixkosten der Betriebe. Wir bezahlen neu sämtliche Fixkosten während der Schliessung und wir berechnen neu auch die übrigen Hilfsgelder gestützt auf die Fixkosten.

Wie sieht der Zeitplan aus, ab wann erhalten die Corona-gebeutelten Branchen und Betriebe finanzielle Unterstützung?

Meine Zielvorgabe war – wie an der Medienkonferenz am Freitag, 15. Januar präsentiert – der Montag 25. Januar. Ich bin sehr froh, dass wir es geschafft haben, dass die Unternehmen bereits seit dem Freitag 22. Januar wieder Gesuche einreichen können. Wir mussten vorher die Software umbauen und den neuen Kriterien anpassen. Ich wollte sichergehen, dass alles fehlerfrei funktioniert und erst dann starten, damit es beim Einreichen der Gesuche kein Chaos gibt. Nach Einreichen des Gesuches soll ein Entscheid innerhalb von 10 Tagen getroffen und dann die Auszahlung ausgelöst werden können. Die 200 Unternehmen, die in den ersten sechs Tagen ein Gesuch eingereicht haben, können mit einer fristgerechten Antwort rechnen.

Welche weiteren Unterstützungsmassnahmen im Kanton Bern gibt es aktuell für die Unternehmen?

Neben dem Härtefallprogramm, welches die Fixkosten entschädigt, können die Unternehmen zur Abfederung der Lohnkosten nach wie vor Kurzarbeitsentschädigung beantragen. Dementsprechend ist nun auf der ganzen Breite Unterstützung da und es braucht deshalb keine zusätzlichen kantonalen Massnahmen.

Wir hören von unseren Mitgliedern immer wieder, das Ausfüllen der Gesuche sei kompliziert. Wo können sich die betroffenen Unternehmen Hilfe holen?

Die Wirtschaftsdirektion hat eine eigene Hotline für die Härtefallhilfen eingerichtet. Wir schulen zusätzlich auch die Branchenorganisationen und sind darauf angewiesen, dass diese ihre Mitglieder mitberaten. Wir sind daran, eine breite Palette an Beratungs- und Informationsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Was erwarten Sie vom Bundesrat in den nächsten Wochen und Monaten?

Dass er die Spielregeln nicht mehr ändert. Sobald wir wieder Anpassungen von Bundesseite erhalten, werden wir massiv gebremst oder müssen das Hilfsprogramm im schlimmsten Fall sogar wieder stoppen. Wir wollen Planungssicherheit und Sicherheit für unsere Unternehmen, dass das Massnahmenpaket so jetzt auch gilt und umgesetzt wird. Die Kantone haben den Vollzug übernommen, bezahlen diesen selber und kommen zudem für einen Anteil am Hilfspaket auf. Wir erwarten deshalb, dass der Bund „leihaltet“, wenn es um die Finanzierung des Härtefallprogramms geht und dass er, falls die Massnahmen verlängert werden, auch für die Kosten aufkommt.

Beim 1. Lockdown letzten Frühling haben die von den Grossverteilern nicht immer eingehaltenen Sortimentsbeschränkungen für böses Blut gesorgt. Können Sie da unseren Mitgliedern gleich lange Spiesse garantieren?

Nein, das können wir nicht, da der Bund hier die Spielregeln festgesetzt hat. Der Kanton Bern kann lediglich den Vollzug kontrollieren. Aus diesem Grund haben wir auch vor den Ladenschliessungen gewarnt. Eine Schliessung war aus epidemiologischen Gründen noch verfrüht und sie bringt klar ungleich lange Spiesse mit sich.

Sie haben im Frühling 2020 gesagt, dass Sie in der ganzen Krise auch eine Chance für den Kanton Bern und für die KMU sehen, sehen Sie das immer noch so?

Schlussendlich müssen wir aus jeder Krise etwas lernen und Vorteile daraus ziehen. Es ist mir durchaus bewusst, dass meine Aussage den direkt betroffenen Unternehmen und Menschen nicht hilft. Es braucht jetzt auf der einen Seite eine schnelle staatliche Hilfe für die Existenzsicherung und auf der anderen Seite Zuversicht, Digitalisierung und Innovation, damit wir aus dieser Krise möglichst schnell wieder herauskommen. Die Berner Wirtschaft hat schon mehrfach bewiesen, dass sie dazu in der Lage ist. Ich bin überzeugt, dass sich der Standort Bern auch dieses Mal einen Vorsprung gegenüber anderen Volkswirtschaften in der EU verschaffen kann.

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