Die Corona-Pandemie sorgt auch in der Baubranche seit einigen Monaten für Sorgenfalten: Viele Rohstoffe wie Holz, Stahl, Kupfer und Kunststoff sind massiv teurer geworden und teilsweise gar nicht mehr verfügbar. Seit Anfang Jahr hat zum Beispiel der Preis für Bewehrungsstahl um fast 40 Prozent zugelegt. Zudem sind erdölabhängige Produkte wie Abdichtungs- und Isolationsmaterialien, welche im selben Rahmen teurer wurden – nur noch teilweise oder schwierig zu beschaffen. Holz benötigen die Berner Baumeister vorallem für Schalungsarbeiten, diese haben sich um einen Viertel verteuert, der Preis für Schalungsträger aus Holz sich gar verdoppelt. Gegenüber früher, als Schalungsmaterial innert Wochenfrist geliefert wurde, betragen die Lieferfristen heute 2- 3 Monate. Aufträge werden jedoch immer noch mit viel kürzeren Fristen vergeben, dies macht es den betroffenen Unternehmern fast unmöglich, das Material in der Zeit zwischen Auftragsvergabe und Baubeginn zu beschaffen. Berner KMU hat bei betroffenen Unternehmern und beim Bernischen Baumeisterverband nachgefragt und die wichtigsten Empfehlungen zusammengefasst.
Ernst Kühni, Präsident Berner KMU / Kühni AG, Ramsei
Ich kann mich nicht daran erinnern, je eine solche Situation erlebt zu haben. Die Lage in der Baubranche ist ernst aber nicht aussichtslos. Ich denke, bzw. hoffe, dass wir den Preis-Höchststand bei gewissen Materialien bereits erreicht haben. Bei der Kühni AG legen wir bei uns die Gültigkeit der Offerten nur noch solange fest, wie wir das Material vom Lieferanten auch schriftlich bestätigt bekommen und wir schliessen wann immer möglich keine Pauschalverträge ab. Zudem machen wir unsere Kunden mit einem Begleitschreiben auf die Teuerung des Materials und die Lieferverzögerungen aufmerksam.
Empfehlungen „Ausserordentliche Umstände bei Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen“
Musterschreiben Lieferverzögerungen; Preiserhöhungen / Werkvertrag und Vorbehalt in der Offerte
Alle Musterschreiben können auf der Berner KMU Geschäftsstelle per Mail (info@bernerkmu.ch) auch als Word angefordert werden.
Erich Oberli, Präsident suissetec Kanton Bern / Oberli Sägesser AG, Langenthal
Die Situation ist ernst, aber bringt uns nicht um. Als Kleinbetrieb kenne ich 99% der Kundschaft und kann mich mit ihr direkt absprechen. Mit Lieferengpässen hatte ich bisher zum Glück nicht zu kämpfen, dafür aber mit massiv höheren Materialkosten; so kostet z.B. das Kilogramm Kupfer im Moment 13 Franken – vorher waren es 6 Franken. Da bei uns der Materialkostenanteil bei 20% liegt, ist die ausserordentliche Teuerung verkraftbar. Ich kann mir aber vorstellen, dass es bei Grossbaustellen und bei öffentlichen Aufträgen für die KMU zu grösseren Problemen kommen kann.
Peter Sommer, Geschäftsführer Bernischer Baumeisterverband
Ich kann mich in meiner gesamten beruflichen Tätigkeit nicht an eine vergleichbare Situation erinnern. Das Ausmass und die Zeitdauer sind schon ziemlich heftig. Bis jetzt bestehen auch keine Anzeichen, dass sich die Situation in den nächsten Wochen merklich entspannt. Wir hatten zwar bereits 2008 eine ausserordentliche Teuerung im Stahl zu verzeichnen, allerdings nur im Stahl. Demgegenüber ist die Situation heute viel gravierender, weil es viel mehr Baustoffe betrifft. Es ist ungewöhnlich, dass die Preise für unterschiedliche Baumaterialien wie Stahl, Kunststoff oder Holz gleichzeitig so stark steigen. Zusätzlich machen den Unternehmungen vor allem die Lieferengpässe zu schaffen. Vielfach sind Alternativprodukte auch schon nicht mehr lieferbar und wenn, dann nur zu viel teureren Bedingungen. Eine generelle Lösung oder Empfehlung gibt es nicht, weil sich die Situation auf jeder Baustelle anders präsentiert und die Reaktionen der Bauherren sehr unterschiedlich ausfallen. Ich denke, dass der Dialogweg der Beste ist, indem situativ zwischen Bauherr, Planer und Unternehmer nach Lösungen gesucht wird. Sachdienliche Unterlagen oder Empfehlungen können sowohl beim Baumeisterverband als auch bei der KBOB bezogen werden.
Jürg Rothenbühler, Präsident Schreinermeisterverband Kanton Bern / Rothenbühler AG, Zollbrück
Die Situation in der wir uns heute befinden, ist schon sehr aussergewöhnlich. Die Pandemie sowie die Probleme der politischen Handelsabkommen der USA mit anderen Ländern führt zu diesen Engpässen. Europa wird plötzlich ein interessanter Partner für die grossen Wirtschaftsländer, was unweigerlich auf den Binnenmarkt einen Einfluss hat. Diese Materialsituation ist für mich eine neue Erfahrung. In unserem Betrieb sind wir vor allem mit den Lieferfristen und den Preisen betroffen. Unser Betrieb hat schon seit jeher, wenn möglich auf Material und Produkte aus der Schweiz gesetzt. Unsere inländischen Materialien sind etwas weiniger von diesen Preisaufschlägen betroffen. Ich denke, dass das Pendel seinen Höhepunkt erreicht hat und sich in der nächsten Zeit irgendwo einpendeln wird. Wichtig erscheint mir, dass die Offertgültigkeitsdauer auf ein Minimum angesetzt wird. Der Kunde muss von uns über die Lieferzeiten und Preise stetig informiert werden. Es muss uns gelingen, dass wir den Kunden für schnelle Entscheide motivieren können. Sobald wir genügend Zeit haben, ist die ganze Materialsituation nur noch halb so angespannt.
Daniel Keiser, Präsident Bernisches Maler- und Gipsergewerbe / Keiser und Piccioni AG, Wabern
Ich bin seit über 20 Jahren in der Maler- und Gipserbranche tätig und habe so etwas noch nie erlebt. Was eine solche Pandemie für «Nebenwirkungen» hat, hat sich wohl fast niemand vorstellen können. In unserer Branche sind die Preisanstiege generell verkraftbar, sind aber doch sehr variabel. Normale Farben und Lacke sind noch im einstelligen Prozentbereich. Metallprofile, Dämmplatten, Gipsplatten, Produkte mit Epoxiharz sind zwischen 30% bis 70% teurer. Für mich persönlich, sind aber die Verständnislosigkeit der Kundschaft und die langen Liefertermine am schlimmsten. Diese führen ja nicht nur zu Verzögerungen am Bau, sondern erschweren auch die Planung der eigenen Mitarbeitenden. In meinem Betrieb habe ich deshalb das Lager wieder hochgefahren. Ansonsten kann ich nur eine gute Absprache und Kommunikation – wenn nötig sogar mit schriftlicher Bestätigung – mit der Bauherrschaft oder Bauleitung empfehlen. Zudem rate ich nur Offerten mit einer kurzen Gültigkeit auszustellen.