Der Kanton Bern beeinflusst die Standortbedingungen der KMU wesentlich. Der Gewerbeverband Berner KMU setzt sich für so viel Staat wie nötig und so wenig Staat wie möglich ein. Das schafft eine solide Grundlage und Spielräume für eine prosperierende KMU-Wirtschaft.
Förderung der Berufsbildung – Bekämpfung des Fachkräftemangels
Der Berner KMU Barometer 2022 hat es ganz deutlich aufgezeigt: Der Fachkräftemangel bereitet den Unternehmen am meisten Sorgen und steht ganz zuoberst auf deren Prioritätenliste. Mit Projekten wie «Rendez-vous Job» hilft Berner KMU aktiv mit, die Karrierechancen einer Berufslehre aufzuzeigen und deren Attraktivität koordiniert zu fördern.
Situation und Herausforderungen
Werbung für die duale Berufsbildung hat weiter an Bedeutung gewonnen und muss laufend verbessert werden. Im Zentrum der Anstrengungen steht das erfolgreich eingeführte Projekt «Rendez-vous Job», das weiter ausgebaut werden soll. Berner KMU fördert im Weiteren lokale und regionale Anlässe von Schulen und Betrieben: Gewerbe trifft Schule, Hasliolympiade, Berufstour Ostermundigen, Industrienacht Burgdorf, Ausbildungsforum Spiez etc. via Bildungsfonds, Werbung oder Begleitung. Berner KMU beteiligt sich weiterhin aktiv an der Umsetzung und dem Ideen- und Erfahrungsaustausch, da dies wichtige Instrumente zur Sicherung des Fachkräftebedarfs sind. Die meisten Berufsverbände investieren viel Zeit und Geld in die Nachwuchswerbung. Durch eine bessere Koordination dieser Massnahmen kann mehr Wirkung erzielt werden. Erfolge (Rendez-vous Job, SwissSkills, BAM, Arbeit BBK) bestätigen die Richtigkeit dieser Ansätze und spornen an, hier weiter sehr aktiv zu agieren.
Dafür machen wir uns stark:
- Viele Unternehmen aus Gewerbe, Industrie, Dienstleistungen, dem Gesundheitswesen etc. haben grosse Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von geeignetem Personal. Die Problematik hat sich mit Corona tendenziell noch verschärft. Der Fachkräftemangel besteht auf verschiedenen Qualifikationsstufen. Besonderer Handlungsbedarf besteht nach wie vor im MINT-Bereich. Berner KMU unterstützt die Förderung von MINT-Fächern in den Bildungsinstitutionen und der Gesellschaft (insbesondere mit dem bewährten MINT-Mobil).
- Die duale Berufsbildung ist zu stärken und gleichwertig mit akademischen Ausbildungsformen zu fördern. Die Erhöhung der Maturitätsquote ist kein bildungspolitisches Ziel.
- Finanzierung der höheren Berufsbildung: Die Umsetzung des durch den Bundesrat lancierten Massnahmenpakets zur Stärkung der höheren Berufsbildung bedarf weiterhin einer kritischen Begleitung durch die Berufsverbände und substanzieller Ergänzungen durch den Kanton Bern. Seit der Umstellung auf Subjektfinanzierung kommen bisher an Anbieter von vorbereitenden Kursen geleistete Beiträge direkt den Absolventinnen und Absolventen zugute. Seit 2018 unterstützt der Bund Absolvierende von vorbereitenden Kursen auf eidgenössische Berufsprüfungen und eidgenössische höhere Fachprüfungen in direkter Form.
- Das Potenzial älterer Menschen ist besser auszuschöpfen, die Weiterbildung gezielt zu fördern. Der Gewerbeverband Berner KMU unterstützt Massnahmen, die dazu beitragen, das Wissen und die Erfahrungen dieser Personen der Arbeitswelt zu erhalten. Dazu gehört insbesondere auch die Flexibilisierung des Rentenalters. Kommt es zu einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit sind in den ersten Wochen Beratung, Weiterbildung und Umschulung der betroffenen Personen ebenso wichtig wie die Stellensuche.
- Campus Biel/Bienne, Bern, TecLab in Burgdorf: Der Gewerbeverband Berner KMU hat die Umsetzung der beschlossenen Konzentration der beiden Departemente Technik und Informatik sowie Architektur, Holz und Bau in einem neuen Campus in Biel und die verschiedenen Kredite für die Infrastrukturbauten der BFH aktiv unterstützt. Die beim Campus Biel/Bienne entstandenen Verzögerungen sind sehr bedauerlich. Es ist alles daran zu setzen, dass es nicht noch zu weiteren Verzögerungen kommt.
- Berufsfachschulen: Berner KMU hat sich (mit den Sozialpartnern) für eine Effizienzsteigerung anstelle eines Leistungsabbaus eingesetzt (Motion Hebeisen) und gefordert, dass für diejenigen Branchen, in denen kein Kompromiss gefunden werden konnte (Metallbauer/in EFZ, Elektroinstallateur/in EFZ) eine Lösung auf den Tisch muss. Die Vorschläge der Organisationen der Arbeitswelt (OdA) und der Berufsverbände haben sich im Sinn von Berner KMU durchgesetzt – z. B. wird auf die Schliessung der Klassen an der gibb verzichtet. Wir unterstützen eine Stärkung der regionalen Standorte und verlangen eine zügige Umsetzung der Beschlüsse.
Der Staat als Konkurrent: Fair ist anders!
Die schleichende Verstaatlichung von bestimmten Wirtschaftssektoren muss gestoppt werden. Es kann nicht sein, dass sich in der Schweiz die staatsnahen Unternehmen auf der Suche nach mehr Gewinn mit unfairen Mitteln immer mehr auf Kosten der KMU ausdehnen. Es braucht klare Eignerstrategien, Transparenz und eine regelmässige Überprüfung. Es braucht klare Regeln für die Verwendung der Ressourcen aus dem Monopolbereich, eine klare Kontrolle und eine getrennte Rechnungsführung.
Situation und Herausforderungen
Die Kampagne «Fair ist anders» wurde 2017 ins Leben gerufen. Mittlerweile ist die Problematik auch auf dem nationalen Polit-Parkett angekommen und es wurden verschiedene Vorstösse eingereicht, welche Leitplanken fordern. In der Herbstsession 2021 wurde auf eidgenössischer Ebene die Parlamentarische Gruppe «Fair ist anders» gegründet, mit einem überparteilichen Co-Präsidium an der Spitze. 2021 hat Berner KMU eine Studie in Auftrag gegeben, die wissenschaftlich fundierte und objektive Kriterien ausarbeiten wird, wie Staatsbetriebe sich wettbewerbsneutral verhalten sollen und wie diese Kriterien im Kanton Bern implementiert werden können. Anlässlich einer viel beachteten Medienkonferenz im November 2022 präsentierte Berner KMU deren Resultate und eine überparteiliche Arbeitsgruppe – in welcher alle Grossratsfraktionen vertreten sind – stellte erste Lösungsansätze vor, die aus den drei Kernelementen Zweckartikel, Transparenz und Compliance bestehen. Dies mit dem Ziel, die gewonnenen Erkenntnisse in anderen Kantonen, aber auch auf nationaler und kommunaler Ebene anzuwenden. Sie werden die Glaubwürdigkeit der Kampagne verstärken. Im Weiteren wird eine französischsprachige Homepage erstellt.
Dafür machen wir uns stark:
- Lead und Koordination um die Diskussion zu ent(partei)politisieren und mehrheitsfähige Lösungen für einen effizienten und starken Kanton Bern zu finden und umzusetzen. Gut gesetzte Rahmenbedingungen sind notwendig für die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft der Berner Volkswirtschaft.
- «KMU on Tour»: Die Problematik soll mit runden Tischen und Podien in die verschiedenen Regionen im Kanton Bern getragen werden, um die Sensibilisierung zu verstärken und den Druck auf die Staatsbetriebe zu erhöhen.
- Die Kampagne soll auf weitere Kantone und auch auf die Gemeinden ausgedehnt werden. Dazu dienen soll die 2021 in Auftrag gegebene Studie, welche wissenschaftlich fundierte und objektive Kriterien ausarbeiten wird, wie Staatsbetriebe sich wettbewerbsneutral verhalten sollen und wie diese Kriterien im Kanton Bern implementiert werden können.
- Klärung der Mehrheitsverhältnisse der BKW: Es bedarf einer breiten politischen Debatte über die Aspekte Wettbewerbsneutralität, Kontrolle der Marktmacht und Aufteilung der verschiedenen Bereiche in unterschiedlich stark kontrollierte Gesellschaften.
- Klärung der Stellung der BEDAG AG, die im Kanton Bern praktisch eine Monopolstellung für grössere IT-Dienstleistungen innehat. Sie diktiert somit Markt und Preise und kann dank ihrer guten Ertragslage neue Firmen zu hohen Preisen zukaufen. Private Anbieter haben so kaum Chancen, der öffentlichen Hand IT-Lösungen anzubieten. Ein Verkauf oder Unterstellung aller Informatikdienstleistungen unter das öffentliche Beschaffungsrecht ist zu prüfen.
- Keine Nebentätigkeiten der GVB: Die Gebäudeversicherung des Kantons Bern ist ein Monopolbetrieb, der zu 100 Prozent dem Kanton Bern gehört. Jedes Haus im Kanton Bern ist obligatorisch bei der GVB versichert. Auf Antrag der GVB hat der Grosse Rat den Eintritt ins privatrechtliche Versicherungsgeschäft per 2011 gutgeheissen. Dazu wurde eine separate Aktiengesellschaft gegründet. Sie bietet neu Gebäudehaftpflicht- und Gebäudewasserversicherungen an, welche zuvor nur von privaten Versicherungen angeboten wurden. Nach Auflage der Wettbewerbskommission ist sowohl das Ausnützen des Monopols wie auch die Quersubventionierung der verschiedenen Branchen nicht gestattet.
Digitale Transformation
Bei rund der Hälfte der Berner KMU hat die Corona-Pandemie zu einer Veränderung der Firmenkultur geführt und in der Arbeitsweise bleibende Spuren hinterlassen: Wie der Berner KMU Barometer 2021 aufgezeigt hat, ist der Anteil an Homeoffice stark gestiegen und für gut zwei Fünftel der Berner KMU-Mitglieder hat auch die Wichtigkeit der Digitalisierung stark zugenommen.
Situation und Herausforderungen
Die vierte industrielle Revolution ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Digitalisierung von Produkten, Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten. In den Betrieben führt die digitale Transformation zu erheblichen Veränderungen in der Leistungserstellung, im Angebot, bei der Gestaltung der Erlösmodelle, im Marketing sowie in den Interaktionen mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden. Kundenbeziehungen finden auf verschiedensten Kanälen statt, wobei die automatisierte Kommunikation und moderne Formen der Datenanalyse erlauben, diese ganzheitlich zu gestalten. Die Grundlage ist eine bessere Verfügbarkeit und Nutzung relevanter Daten durch die Vernetzung aller Wertschöpfungspartner sowie die Fähigkeit, aus den vorliegenden Daten zusätzlichen Wert und Kundennutzen zu generieren. Erforderlich ist dafür eine grundlegende Transformation, die das gesamte Unternehmen und sein relevantes Umfeld einbezieht. Die Digitalisierung ist schliesslich eine Chance, die Verwaltung bürgernaher zu gestalten und die Dauer der Bewilligungsverfahren zu verkürzen und zu vereinfachen.
Dafür machen wir uns stark:
- Berner KMU trägt in Rahmen seiner Möglichkeiten auf kantonaler Ebene dazu bei, die digitale Transformation zu begünstigen.
- Kinder und Jugendliche müssen optimal auf die digitale Welt vorbereitet werden (Primar- und Sekundarstufe). Staatliche und private Bildungsangebote im Bereich der Digitalisierung und der digitalen Transformation auf Tertiärstufe und in der Weiterbildung sind zu begünstigen (z. B. ICT Scouts/Campus Bern und Thun).
- Die Einführung der 5. Mobilfunkgeneration (5G) ist rasch voranzutreiben.
- Die digitale Transformation im Bereich der Verwaltung, des Gesundheitswesens etc. wird unterstützt.
- Digitale Anwendungen und ihr Zusammenwirken erleichtern uns und anderen die Netzwerkarbeit und die Kommunikation. Wir treiben die Digitalisierung als Verband gegen aussen (insbes. in der Kommunikation) und innen (z. B. mit Anmeldetools) voran. Wir entwickeln gemeinsam mit Partnern (z. B. WIBS, digital switzerland) niederschwellige, massgeschneiderte Digitalisierungspakete für unsere Mitglieder.
Finanzen und Steuern
Der Kanton Bern muss für unsere KMU und den Mittelstand unbedingt attraktiver und die übermässige Steuerbelastung der natürlichen und der juristischen Personen muss gesenkt werden. Berner KMU erwartet vom Regierungsrat, dass er konkrete Schritte zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen unternimmt. Aus diesem Grund ist eine Anlagesenkung sowohl für die natürlichen als auch für die juristischen Personen dringend umzusetzen.
Situation und Herausforderungen
Die Steuerbelastung im Kanton Bern ist im schweizweiten Vergleich sehr hoch – sowohl bei den natürlichen als auch bei den juristischen Personen. Obschon der Kanton Bern in mancherlei Hinsicht eine Schweiz im Kleinen ist, liegt sein Ressourcenpotential deutlich unter dem Durchschnitt aller Kantone. Im Nationalen Finanzausgleich (NFA) erhält Bern den neunthöchsten Pro-Kopf-Beitrag (2022: CHF 904.30).
Die grösste Herausforderung liegt darin, das Wachstum der Ausgaben der Laufenden Rechnung so weit zu begrenzen, dass die Investitionen auf einem vernünftigen Niveau verstetigt und gleichzeitig Reduktionen der Steuerbelastung realisiert werden können.
Dafür machen wir uns stark:
- Im Rahmen von Steuergesetzrevisionen sind Entlastungen bei den natürlichen Personen vorzusehen. Die Gewinnsteuern der juristischen Personen sind zu senken mit dem Ziel, den Spitzenrang im interkantonalen Vergleich zurückzugewinnen.
- Änderungen der steuerlichen Gesetzgebung dürfen nicht zu einer Mehrbelastung der KMU und des Mittelstands führen.
- Steuersenkungen zwingen Regierung und Parlament, das Wachstum der laufenden Rechnung (Konsumausgaben) des Kantons einzudämmen. Die Investitionen sind mittelfristig zu stabilisieren.
- Die Möglichkeiten zur kurz- und mittelfristigen Steuerung der Leistungen und Finanzen des Kantons über Saldi der Produktegruppen und mittels Leistungs- und Wirkungszielen sind mit wirksamen politischen Instrumenten zu ergänzen. Dem Parlament ist die Möglichkeit zu geben, mittels einfacher Vorgaben (z. B. Plafonierung des Personalbestands) das Aufwandwachstum zu begrenzen.
- Weitere Anpassungen des Steuergesetzes – auch zur Linderung der Steuerbelastung der natürlichen Personen – werden später, im Rahmen der kantonalen Umsetzung der neuen Bundesgesetzgebung (SV17) erfolgen müssen.
- Die Pauschalbesteuerung ist beizubehalten und als Instrument zur Förderung des Berggebietes moderat zu gestalten.