Mit der am 24. August gestarteten Online-Petition „Fair ist anders – Das Gewerbe verdient Ihre Unterstützung“ fordern wir Staat, Kantone, Städte und Gemeinden dazu auf, dem Gewerbe ein verlässlicher Partner und nicht dessen Konkurrent zu sein.
Berner KMU-Präsident Toni Lenz zeigte gleich zu Beginn der Medienkonferenz auf, wo der Schuh für die KMU-Wirtschaft drückt: „Immer mehr staatsnahe Betriebe bieten Leistungen an und bauen ihre Dienstleistungen sogar immer noch weiter aus, die unsere KMU mindestens so gut oder sogar besser ebenfalls erbringen können. Wir haben unsere Kampagne Ende Mai 2017 auf Wunsch unserer Mitglieder gestartet und sind sehr stolz darauf, dass wir Berner mit unserer Kampagne den Stein ins Rollen gebracht haben“.
Präsentation der Online-Petition
Unternehmer und FDP-Grossrat Peter Flück stellte die neu lancierte Online-Petition „Fair ist anders – Das Gewerbe verdient Ihre Unterstützung“ vor. „Wir fordern, dass staatliche und staatsnahe Unternehmen ihre Beteiligungsverhältnisse klären und keine Tätigkeiten mehr wahrnehmen, die durch private Anbieter erbracht werden können. Bestehende staatliche Träger solcher Leistungen sind zu privatisieren. Reine Staatsbetriebe sollen sich auf ihre hoheitlichen Aufgaben konzentrieren. Verwaltungen, Staatsbetriebe und staatsnahe Unternehmen dürfen die Privatwirtschaft nicht konkurrenzieren, deshalb soll der Staat möglichst alle Aufträge, die sich dazu eignen, an die Privatwirtschaft vergeben. Um dies zu erreichen fordern wir von der Politik aus Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene, dass sie entsprechende Rahmenbedingungen und klare Verhältnisse schafft. Der Staat ist und soll ein Partner des Gewerbes sein und nicht dessen Konkurrent!“
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Zwischenbilanz der Kampagne
„Die Kampagne ist und bleibt keine Anti-BKW-Kampagne und sie ist auch keine Jammer-Kampagne. Wir sind aber klar der Meinung, dass wir Gewerbler selbstbewusst hin stehen und die Probleme aktiv diskutieren müssen, denn nach wie vor sind sage und schreibe 99,7% der Schweizer Unternehmen KMU und somit das Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Wohlstands.“ betonte Unternehmer und BDP-Grossrat Francesco Rappa. Dass die Kampagne mittlerweile sehr breit abgestützt sei, zeige auch das ständig wachsende Komitee, das aktuell 570 Personen – darunter 29 Nationalräte und 42 Grossräte aus der SVP, FDP, BDP, glp, EDU und EVP, sowie 68 Unternehmen – umfasse.
„Fair ist anders!“ neu auch im Kanton Solothurn
Zusammen mit dem Baumeisterverband des Kantons Solothurn fordert nun auch der kantonal solothurnische Gewerbeverband mehr Fairness für das Gewerbe. Dessen Geschäftsführer Andreas Gasche zeigte die Problematik eindrücklich an mehreren Beispielen auf: „Wir haben bei uns mit der VEBO eine Institution zur beruflichen und sozialen Eingliederung von Menschen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Neben diesem „Kerngeschäft“, wogegen wir absolut nichts einzuwenden haben, baut sie aber ihren Dienstleistungskatalog immer weiter aus. Ein weiteres Beispiel ist die Solothurner Spitäler AG (soH), welche zu 100% dem Kanton gehört, ein Cateringunternehmen betreibt und eine öffentliche Apotheke plant. Wir plädieren dafür, dass diese Aktivitäten auf ein Minimum reduziert werden und fordern, dass die soH-Gruppe und die VEBO für Tätigkeiten, die weder hoheitliche Aufgaben umfassen noch gesetzlich vorgeschrieben sind und damit die KMU konkurrenzieren, der Steuerpflicht unterworfen werden“.
Das finden wir problematisch
Thomas Balmer, Mitglied des Leitenden Ausschuss von Berner KMU und Präsident des Gewerbeverband KMU Stadt Bern, konzentrierte sich in seinem Referat v.a. auf die zahlreichen städtischen Beispiele, wie das ewb, das Weingut und Stadtgrün Bern. „Das Problem heute ist, dass die Verwaltung wächst und wächst, eigene Firmen gründet um schnellere Entscheide herbeiführen zu können und nicht jede betriebsnotwendige Arbeit im Parlament bewilligen zu lassen. Fakt ist nun, dass die Verwaltung und die Firmen der öffentlichen Hand im Laufe der Zeit vergessen haben, dass sie keine Unternehmungen sind, sondern im Auftrag des Volkes handeln sollen. Mit Erstaunen stellen wir heute fest, dass sich veritable Grossbetriebe entwickelt haben, wie z.B. Stadtgrün Bern, die mit 220 Mitarbeitenden die Park- und Grünanlagen unterhält und in einer hochmodernen Produktionsanlage Pflanzen züchtet“.
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Kantonale Politik ist gefordert
Aber auch die kantonale Politik sei nun gefordert, betonte Unternehmer und SVP-Grossrat Kurt Zimmermann. „Kantonal möchten wir uns mit unserer Kampagne auf die drei Beispiele konzentrieren, bei denen für uns der dringendste Handlungsbedarf besteht: Dies sind die BEDAG Informatik AG, die BKW Energie AG und die Gebäudeversicherung des Kantons Bern, die GVB“. Bei der BEDAG gebe es zwei Lösungsansätze. „Entweder wird sie mit anderen Informatikanbietern auf dem Markt gleichgestellt oder sie wird verkauft. Bei der BKW fordern wir, dass die Eigentümerstrategie korrigiert wird. Die Monopolgeschäfte müssten in separate, von der übrigen Gesellschaft unabhängige Rechtskörperschaften ausgegliedert oder diese Leistungsaufträge periodisch neu ausgeschrieben werden. Bei der GVB ist für uns eine Reduktion auf den reinen Auftrag der Gebäudeversicherung und das Abstossen, bzw. die Privatisierung, der heute aufgebauten neuen Geschäftsfelder oder sogar der Verkauf der ganzen GVB denkbar“.
Nationale Politik ist gefordert
„Der Postautoskandal hat es gezeigt. Auch auf Bundesebene gibt es in der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik grosse Probleme mit den staatsnahen Betrieben. Und es besteht dringender Handlungsbedarf“ stellte Unternehmer und glp-Nationalrat Jürg Grossen klar. Er trete aber keineswegs dogmatisch für eine Privatisierungswelle ein. Es gebe Bereiche, in denen dem Staat eine Schlüsselrolle zukomme, wie z.B. beim Schienen- oder beim Stromnetz. Anders sehe aber es bei den Diensten aus, die in einem funktionierenden Wettbewerb erbracht würden. „In einem Vorstoss fordern wir Grünliberalen deshalb z.B. die Privatisierung der PostFinance. Es ist nicht die Aufgabe des Bundes, im funktionierenden Markt der Finanzdienstleistungen eine eigene Unternehmung zu besitzen. Die gleichen Fragen müssen wir uns auch bei der Swisscom oder auch bei Postauto stellen. Die Schweiz ist in zahlreichen Bereichen auf halbem Wege zu einer guten Lösung stecken geblieben und sie ist träge geworden. Resultat: zahlreiche Konkurrenzierungen des Staates gegenüber der Privatwirtschaft: Fair ist anders!“